Wirtschaftsgeschichte
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Berlins Geschichte als Bankenstadt, Teil 2: 1914-1989

Mit dem Ersten Weltkrieg endete durch die Aufhebung der Goldeinlösungspflicht der Notenbanken die Zeit des Goldstandards und damit die Phase der Geldwertstabilität. Die Freizügigkeit des Geld- und Kapitalverkehrs wurde empfindlich eingeschränkt.

Forsetzung von Teil 1: Die Geschichte Berlins als Bankenstadt 1710-1914

Alte Berliner Börse

Die Finanzierung der Kriegskosten erfolgte in Deutschland über neun Kriegsanleihen in Hohe von 96 Mrd. Mark, deren Deckung durch die Notenpresse erfolgte. Rohstoff-und Nahrungsmittelknappheit führten zur Kontingentierung und Ausgabe von Lebensmittelkarten. Im Preußischen Kriegsministerium entstand die Kriegsrohstoffabteilung unter der Leitung von Walther Rathenau. Die normalen Wirtschafts- und Währungsgeschäfte verschoben sich total. Das internationale Geschäft entfiel für die Banken fast vollständig. Auf die Rüstungskonjunktur mussten sie sich erst einstellen. In dieser Situation entstanden durch staatliche Unterstützung eine Anzahl öffentlicher Kreditinstitute, die zum privaten Sektor in Konkurrenz traten. Die Industrie finanzierte sich zunehmend selbst oder durch Hausbanken ebenso wie die neuentstandenen reichseigenen Industrieunternehmen. Die in Goldmark aufgenommenen Kredite wurden. mit Papiergeld. zurückbezahlt. Bis 1919 hatte sich das Preisniveau bereits vervierfacht. “Schieber” und “Kriegsgewinnler” repräsentierten den neuen Reichtum. Es begann die Flucht in die Sachwerte.

Hauptsitz der Deutschen Bank

Mit Kriegsende begann eine Börsenhochkonjunktur. In einer Gründungswelle entstanden viele neue Banken und Kreditinstitute, da es im Devisengeschäft viel zu verdienen gab. Ausländer kauften zwischen 1921 und 1923 zu günstigen Preisen Grundstücke und Immobilien. Verlierer der Inflation waren die Besitzer von Spar- und Geldguthaben, aber auch vor allem Stiftungen. Mit dem Ende der Inflation waren die inneren Schulden des Reiches völlig entwertet. Erst durch die Errichtung der Rentenbank (16.10.1923), deren fiktives Kapital aus den Schulden der Industrie und der Landwirtschaft bestand (Roggenmark), konnte die Inflation beendet werden. Der Dawes-Plan legte die Raten der zu zahlenden Kriegsreparationen fest und schuf damit feste Währungsverhältnisse. Mit der Errichtung der Golddiskontbank und der Einführung der Reichsmark (1924) war die Basis für einen neuen Aufschwung gelegt, dem aber die meisten Bankneugründungen der Nachkriegszeit zum Opfer fielen. Von den alten Berliner Privatbanken überstanden die Krise das Haus Mendelssohn & Co., S. Bleichröder, F.W. Krause & Co., Delbrück Schickler & Co., Hardy & Co. Das Bankhaus von C. Schlesinger-Trier & Co. beispielweise, dessen Aktienkapital früher 5 Mio. Mark betragen hatte, musste bei der Umstellung auf Goldmark sein Kapital auf 1 Mio. Mark reduzieren.

Die Zahlungsunfähigkeit einer der ersten deutschen Großbanken, der Darmstädter und Nationalbank (Danat) im Mai 1931 führte ab Mitte Juli zur Schließung von Banken, Sparkassen und Börsen, die nach kurzer Wiedereröffnung bis zum Februar 1932 geschlossen blieben. Es begann die Zeit der Verstaatlichung durch Bankenaufsicht, Bankenkommissariat, Reichsaufsichtsführung, Reichskommissariat, Wirtschaftsgruppen und Reichsbank. Von 426 Berliner Privatbanken des Jahres 1931 konnten 9 ihren Gründungszeitpunkt vor 1800 datieren, weitere 27 auf die Zeit zwischen 1800 und 1850. Fast 30% entstammten aus der Zeit von 1850 und 1899, 22% waren zwischen 1900 und 1919, aber immerhin 42 % zwischen 1920 und 1930 gegründet Worden.

1931 gab England das Pfund Sterling als Leitwahrung auf. Die nun folgende Zeit bis Gründung des Internationalen Währungsfonds war gekennzeichnet durch die Devisenbewirtschaftung. Die sich fatal verschlechternde Devisenlage beantwortete das Reich durch die Einführung des staatlichen Außenhandelsmonopols (1934). Die Rüstungsvorbereitungen finanzierte die Regierung durch Mefo-Wechsel, später durch Zwangsanleihen bei Banken und Sparkassen. Mit dem kreditpolitischen Ermächtigungsgesetz vom Juli 1939 übernahm das Reich die vollständige Kontrolle über das Kredit- und Finanzwesen. Durch “Arisierungen” waren bis dahin die wichtigsten Privatbanken aus jüdischem Besitz in deutsches Eigentum zwangsüberführt worden, so unter anderem das Bankhaus S. Bleichröder (Hardy & Co., Dresdner Bank), Mendelssohn & Co. (Deutsche Bank), J. Dreyfus & Co. (Merck, Finck & Co.), Gebr. Arons (Deutsche Effecten- und Wechselbank) und Jacquier & Securius.

Berlin blieb auch unter der staatlichen Regie ein beachtlicher Finanzplatz. Neben Konzern- und Verwaltungsbanken sowie Finanzierungsbanken hatten sich in der Stadt 1938 noch andere Spezialbanken niedergelassen wie Agrarbanken, Hausbesitz- und Baubanken, Ãœberseebanken, Holdingbanken und Kassenvereine.

Die Börse an der Burgstraße

Nach 1945 bis zum Mauerfall

Bank für Handel und Industrie, Uhland-/Ecke Kantstraße 1962

Das Ende des Zweiten Weltkrieges brachte für Berlin den Abstieg und Bedeutungsverlust als Bankstadt. Die sowjetische Besatzungsmacht ließ durch den Magistrat in einer Verfügung vom 5.6.1945 alle Banken schließen und nur die Berliner Stadtbank (im Gebäude der Reichsbank in der Kurstraße) mit Bezirksbanken in den Verwaltungsbezirken einschließlich Friedenau den Geldverkehr regeln. Um Verwechslungen zu vermeiden wurde das Institut in “Berliner Stadtkontor” umbenannt. Weiter arbeiten durften auch die Sparkasse und die Wohnungsbau-Kreditanstalt. Die Alliierte Kommandantur bestätigte die Anordnung durch die BK/O(45)130 am 26.9.1945. Als weitere Bank erhielt die Berliner Volksbank eGmbH 1946 als Neugründung die Geschäftszulassung. Bankenkommission und Inkasso-Kommission. waren die mit der Sicherstellung von Geschäftsunterlagen und Wertpapieren beauftragten. Institutionen. der sowjetischen. Besatzungszone, deren Einrichtung die Alliierte Kommandantur mittrug.

Mit der Währungsreform trennten sich die Besatzungszonen. Während im östlichen Machtbereich verstärkt auf Sozialisierung, Verstaatlichung und Enteignung gesetzt wurde, legte man in den westlichen Besatzungszonen durch die soziale Marktwirtschaft den Grundstein für den wirtschaftlichen Aufschwung. In Berlin ließen die West-Alliierten nur sehr zögernd neue Banken zu. Das Problem der seit 1945 ruhenden Banken, ihrer Neuzulassung und der Wertpapierbereinigung wurde im Berliner Altbankengesetz vom 15.12.1953 geregelt. Zu den eingeführten Berliner Instituten der Sparkasse, der Berliner Bank, der Berliner Volksbank eGmbH und der Berliner Zentralbank in der Funktion einer Landeszentralbank gesellten sich im Lauf der Jahre die Tochterbanken der Nachfolgebanken ehemals Berliner Großbanken. Erst mit der Wiedervereinigung begann der Finanzplatz Berlin wieder an Interesse zu gewinnen.

Text: Dr. K. Dettmer

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