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30. Industriekulturabend zur Bundesdruckerei

Der 30. Industriekulturabend des Berlin-Brandenburgischen Wirtschaftsarchivs mit mehr als hundert Teilnehmern beleuchtete im Ludwig-Erhard-Haus die Geschichte der Bundesdruckerei und ihrer Vorgänger.

Die Reichsdruckerei Oranienstraße, Ecke Alte Jakobstraße - noch heute Standort der Bundesdruckerei (Bild Archiv BDr)

Die Reichsdruckerei Oranienstraße, Ecke Alte Jakobstraße – noch heute Standort der Bundesdruckerei (Bild Archiv BDr)

„Die Sicherheit ihrer Produkte stellte die Druckerei durch hohe Qualität, technische Vorreiterschaft und die Entwicklung von neuen Sicherheitsmerkmalen her.“ Diese Produkte waren Banknoten, Briefmarken, Wertpapiere sowie Ausweise und Reisepässe – also Druckerzeugnisse mit hohem Fälscherinteresse, wie Linda Stieffenhofer im Hauptvortrag über die „Bundesdruckerei und ihre Vorgänger“ referierte. Stieffenhofer – Co-Autorin der Unternehmenschronik „Identität und Sicherheit“– navigierte kundig und facettenreich durch die Geschichte des Berliner Traditionshauses, das seinen Standort in der Kreuzberger Oranienstraße mitten im Berliner Zeitungsviertel in sieben Staaten nicht gewechselt hat, in denen es im Staatsauftrag gedruckt hat.

Referenten des 30. Industriekulturabend (v.l.n.r.): Jörg Fischer, Linda Stieffenhofer und Björn Berghausen (Bild: BBWA)

Referenten und Gastgeber des 30. Industriekulturabend (v.l.n.r.): Jörg Fischer, Linda Stieffenhofer und Björn Berghausen (Bild: BBWA)

Angefangen hat es mit König Friedrich II. und dem modernen preußischen Staat 1763, für den Dekrete und Formulare gedruckt werden mussten. Das tat die „Decker’sche Geheime Ober-Hof-buchdruckerei“ mit königlichem Privileg, Mitte des 19. Jahrhunderts kam mit der „Königlich Preußischen Staatsdruckerei“ ein staatseigener Konkurrent hinzu, der für den vermehrten Bedarf an Banknoten und vor allem Briefmarken zuständig war. Während die Reichseinigung schon 1871 zustande kam, konnten diese beiden Druckereien erst 1879 zur Reichs-druckerei vereinigt werden. In den letzten 125 Jahren überstand des Haus zwei Weltkriege – wenn auch nicht ohne Zerstörungen –, politische Einflussnahme durch den Spartakusaufstand oder die Gleichschaltung im Dritten Reich und nicht zuletzt die Teilung Deutschlands. Die Berliner Mauer verlief unmittelbar vor der Tür in der Kommandantenstraße und zwang die Bundesdruckerei, wie sie ab 1951 hieß, die empfindlichen Produktionsstätten auf die der Mauer abgewandte Seite des Werksgeländes zu verlegen, um sie den Augen der Spione zu entziehen.

Geschäfte machte das Unternehmen schon ab 1900 weltweit – erste Aufträge kamen schon in der Mitte des 19. Jahrhundert aus Finnland, wie Linda Stieffenhofer entdeckt hat – und druckte keineswegs nur im Auftrag des Deutschen Reichs, sondern auch für andere Staaten und überzeugte durch hohe Qualität. Diese konnte das Haus nur mit den besten Fachleuten erreichen, weshalb die Belegschaft schon früh mit lukrativen Sozialleistungen gelockt und gehalten wurde. „Man brauchte die Besten“, stellte Stieffenhofer fest, um den Fälschern immer einen Schritt voraus sein zu können.

Angeregte Diskussion mit den Fachleuten (Bild: BBWA)

Angeregte Diskussion mit den Fachleuten (Bild: BBWA)

Dies gelte noch heute, betonte Jörg Fischer von der Bundesdruckerei in seinem ergänzenden Vortrag, der die Linien der Unternehmens-geschichte in die Gegenwart und vor allem in die Zukunft fortführte. Heute jedoch sind die Produkte der Bundesdruckerei nicht mehr Druckerzeugnisse, sondern das Unternehmen bewegt sich im Bereich Hochsicherheits-technologie und Digitalisierung. Insbesondere die sichere digitale Identität sei Herausforderung seiner Abteilung, der „Bundesdruckerei Innovations“. Was früher Wasserzeichen und Guillochen waren, sind heute Quantenmechanik und Künstliche Intelligenz.

Das Publikum lauschte gebannt den Vorträgen und nahm an der Diskussion teil, in der die Zukunftsfragen genauso rege interessierten wie die vielschichtige Vergangenheit der Kreuzberger Staatsdruckerei.

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