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Hälfte der Briefe bereits transkribiert

Die zahlreichen Helfer, die dem Aufruf der Stiftung Gute Tat und der Aktion „Berliner Helden” der B.Z. gefolgt sind, liefern schneller, als man hätte hoffen können, die Transkripte der Briefe von Mutter Clara und Schwester Margarethe (Grete) an den Schiffsarzt Alfred Abenhausen.

Hier zeigen wir den Brief mit dem die B.Z. auf das Projekt aufmerksam gemacht hatte. Er ging am 3. Juni 1902 ab, um Dr. Abenhausen auf dem Dampfer „Weimar” in Neapel zu erreichen. Die Schwester berichtet nicht nur Neuigkeiten über den Kapkrieg, sondern auch von alltäglichen Ereignissen. So ist die Mutter zeitgleich mit dem alten Rudolf Virchow auf Kur in Teplitz und beobachtet den Greis bei seinen mühsamen Gehversuchen.

Die Abschrift hat Frau Tiede besorgt, der Text ist hier gebunden und damit besser lesbar wiedergegeben.

Die Briefeschreiberinen Clara und Grete Abenhausen und der Empfänger Alfred Abenhausen (BBWA N6/26)

Briefabschrift

 

Teplitz, d. 3.6.02.
Herrenhaus.

Mein geliebtes Brüderchen!

Heut erhielten wir zu unserer großen Freude Deinen ausführlichen Brief aus Sydney und die beiden Karten. Wie freuen wir uns wenn Du mit uns die Sommerreise machen kannst. Wir ahnten Deine Absicht schon da Du in Deinem letzten Brief schriebst „es würde wohl vorläufig Deine letzte Reise sein.” Wenn Du dieses nun nur glücklich zurücklegst und nicht zu arg unter der jetzigen Hitze im roten Meer zu leiden hast, namentlich da Du doch wieder mehr Passagiere an Bord haben wirst. Du schreibst viel vom Tanglin. Schön muß die Südeseeinsel tour wohl sein, daß der College sie nicht abgeben wollte und kann ich daher Deine Lust zu einer späteren Reise wohl verstehen, sehen wir also wie der Haase läuft.

Auslegereinbaum von den Admiralitätsinseln (Cigaretten-Bilderdienst “Deutsche Kolonien”)

Auf Deine Papageien freuen wir uns schon, sind es kleine? Wohl Wellensittiche? Hier im Park im Teich schwimmt auch außer vielen weißen ein schwarzer Schwan umher und scheint sich im Böhmerland ganz wohl zu fühlen. Wir thun es so peu à peu auch mehr. Nachdem der Mai recht kalt und häßlich bei uns war ist’s jetzt heiß geworden seit ein paar Tagen, und bei dem schönen Wetter haben sich nun auch schon die meisten Kurgäste hier eingefunden. Teplitz ist ja lange nicht so schön wie Wiesbaden aber man gewöhnt sich auch ein und die Hauptsache ist ja der Nutzen den die Bäder, die hier kräftiger sein sollen, unser Mutter bringen. Sie hat bisher 10 Bäder genom[m]en, nach dem 20. soll sich erst der Erfolg zeigen und etwa 28. Bäder soll Mutter nehmen, laut Dr. Geh. Lan. Rat Dr. Hirschs Ausspruch.

Hirsch behandelt auch Prof. Virchow und ist ein liebenswürdiger Herr. Gestern trafen wir ihn im Schloßpark, wo er V. erwartete um ihn Gehversuche machen zu lassen. Wir beobachteten dieselben nachher auch, fanden sie aber recht traurig. Der arme alte Professor konnte nur etwa 15-20 Schritt gehen dann mußte er sich wieder in seinen Rollstuhl setzen. Frau und Tochter begleiten ihn immer auf seinen Ausfahrten.

Mutter kann doch wenigstens ½ -1 Stunde spazieren gehen, jetzt sogar streckenweise allein. – Die Casslaner, speziell Luise fühlen sich ja richtig glücklich auf Wilhelmshöh’, mich sollte es wundern wenn sie nicht bei guter Gelegenheit ein Grundstück dort oben kauften. Leider schreibt Luise, daß beim Hans noch immer eine kleine eiternde Stelle vorhanden sei, Dr. Hauptmann sei aber drum zufrieden mit der Wunde und der Junge fühle sich so glücklich, daß er immer tanzen und springen möge. In der Schule lerne er jetzt fleißig Latein.

Daß Fritz sein Examen „gut” bestanden, schrieb Mama dir schon. Wir legen Dir seinen Brief mit ein, damit Du über seine Zukunftspläne unterrichtet bist. Tante ist natürlich sehr glücklich über ihren Jungen.

Was nun Deine Frage über meine Bemerkungen von der Schwägerin in spe und Wertheim als Hoflieferant betrifft, so bezog sich dies auf Deinen Traum von dem Du uns aus Italien schriebst. Du hattest im Traum Deine Hochzeit vor, hattest aber keine weißen Handschuhe besorgt und fuhrest deshalb im letzten Moment dieselben bei Wertheim zu kaufen. Entsinnst Du Dich nun? Als Bräutigam, dachte ich nun, wäre Dir vielleicht auch eine Braut beschieden gewesen u. deshalb erkundigte ich mich nach ihr. Jedenfalls ist es uns aber lieber, wenn wir dich noch erst etwas für uns haben können, mein lieber guter Karl, wir freuen uns ja mächtig auf Dich. Mutter will noch ja erwähnt wissen, daß auch sie seelig mit Dir reisen würde und sich unglaublich auf unser Zusammenleben freue. Sie wird Dir in den nächsten Tagen nach Genua schreiben.

Während ich diesen Brief schrieb machten wir die Bekanntschaft von 2 netten Damen, Mutter und Tochter, die Mutter wird im Fahrstuhl gefahren.

Die Engländer und Buren haben Frieden geschlossen. Die Bedingungen sollen nicht veröffentlicht werden, weshalb man vermutet, die Engländer hätten klein beigegeben. Andere sagen aber das Gegenteil.

Ein Paket Zeitungen schicke ich gleichzeitig ab. Laß Dir’s recht gut ergehen mein geliebtes Brüderlein und nimm Grüße und Küsse von Deiner Mutter u. Deiner tr. Schwester Grete.

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