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Industriespaziergang am Eichborndamm – die Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken

Vor sechs Wochen begann mein Praktikum im Berlin-Brandenburgischen Wirtschaftsarchiv und obwohl ich wusste, dass diese Gebäude ursprünglich zur Herstellung von Waffen erbaut wurden, hatte ich mich bis heute nicht weiter damit beschäftigt. Nun stand ich hier mit sieben weiteren Teilnehmern vor dem Landesarchiv und wartete gespannt auf die Geschichten, die uns Björn Berghausen, Geschäftsführer des Berlin-Brandenburgischen Wirtschaftsarchives, erzählen würde.

Wir erfuhren viel über die Entstehungsgeschichte des Gebäudekomplexes entlang des Eichborndamms, über die Besonderheiten von Industriegebäuden (wie das Sheddach, auch Sägedach genannt), die unterschiedliche Gestaltung der Fassaden und was das mit der Gestaltung von Briefköpfen zu tun hat (nämlich mehr als man denkt!).

Der gesamte 900 Meter lange Gebäudekomplex entlang des Eichborndamms wurde zwischen 1907 und 1917 von den Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken (DWM) unter der Planung von Paul von Gontard, Generaldirektor des Konzerns, erbaut. Die Durchführung übernahm das Bauunternehmen Boswau & Knauer, das unter anderem auch das Kaufhaus des Westens errichtete. Produziert wurden hier Kugellager, Gewehre und Pistolen.

Nach Ende des Ersten Weltkrieges musste die Produktion umgestellt werden, da der Versailler Vertrag die Waffenproduktion in Deutschland verbot. Haushaltsgeräte, Bestecke, Kugellager und Schreibmaschinen verließen nun die Werkshallen.

1928 übernahm Günther Quant den Betrieb und mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde die Waffenproduktion wiederaufgenommen. Während des Krieges arbeiteten hunderte Zwangsarbeiter auf dem Gelände.

Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges endete dann auch endgültig die Waffenproduktion. Der größte Teil der Produktionsanlagen wurde von den russischen Besatzern demontiert und mit dem, was übrigblieb, fing man an, Haushaltsgeräte herzustellen. Heute befinden sich auf dem Gelände unter anderem das Landesarchiv Berlin, das Berlin-Brandenburgische Wirtschaftsarchiv, Groß- und Einzelhandelsunternehmen, Baugewerbe. So wurden aus einem Ort der Zerstörung ein Ort des Wissens und Bewahrens, der Kunst, des Handels und vieles mehr.

Ich fand es interessant, hinter die Fassaden zu blicken und nicht nur zu erfahren, wer die Mauern hat errichten lassen und von wem, sondern auch, dass aus dem ursprünglichen Zweck ganz neue Zwecke wurden und dass der Wandel der Gebäudenutzung auch immer mit Menschen zu tun hatte.

Die Führung ist Probelauf für eine Reihe von Industriespaziergängen, die derzeit beim Wirtschaftsarchiv entwickelt werden und im Rahmen des City-Tax-Projektes die Industriekultur an unterschiedlichen Orten in Reinickendorf sichtbar werden lassen sollen.

Text: B. Reinhard

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