Wirtschaftsgeschichte
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Lik̦r aus Wilmersdorf РC. K. Heinrich & Co. GmbH

„Es ist ein Brauch von alters her, wer Sorgen hat, hat auch Likör“, reimte Wilhelm Busch in seiner „Frommen Helene“. Die große Zahl von Spirituosenherstellern sorgte für den nötigen Nachschub, darunter eigens eine Schwedenpunschfabrik in Wilmersdorf. Für „Wässer“ als deutsches Wort für Brände, besonders süße, bürgerte sich ab 1820 das französische Liqueur ein, das sich vereinfacht Likör schrieb.

Werbemarke für Likör (BBWA S2/18)

Für verschiedene Gesellschaftsschichten, Geschlechter, Alters- und Berufsgruppen sowie für Familienfeiern und Feste aller Art gab es die angesagten Liköre: Fruchtsaft- und Fruchtaromaliköre, Bitter-/Kräuter-/Gewürzliköre, Eierliköre und Punsch. Der Arbeiter trank sein Bier mit Korn in der Eckkneipe, Künstler und Literaten ihre Cocktails in Bars, die Wilmersdorfer Witwen ihren Maraschino in Likörstuben wie der von Martha Schmetzer in der Markgraf-Albrecht-Straße 3.

Viele Liköre stammten aus der Produktion der in Wilmersdorf ansässigen Essenzen- und Spirituosenfabrik von C. K. Heinrich Nachfolger. Ihre Ursprünge lassen sich bis 1775 in Ostpreußen zurückverfolgen. 1914 verlegte die Firma ihre Geschäfte nach Berlin und produzierte seit den 30er Jahren in der Joachim-Friedrich-Straße 37. Unter dieser Adresse mitten in einem gutbürgerlichen Wohnviertel verbirgt sich ein Gewerbehof, der von der Joachim-Friedrich-Straße bis zur Karlsruher Straße reicht und in drei Höfen für das produzierende Gewerbe tragfähige Arbeitsflächen, Licht und Lastenfahrstühle anbot.

Heinrich-Transporter vor der Deutschlandhalle

C. K. Heinrich stellte unter anderem Eierlikör, Edelkirsch-Likör, Reiterlikör, Whisky und Wodka her. Das Markenzeichen war ein stehender roter Löwe, der auf dem Etikett auftauchte oder als Kleinplastik den Flaschen umgehängt war. Den richtigen Riecher hatte die Firma mit ihrem Dry Gin, das passende Mixgetränk zum Martini, der als „In“-Getränk in einer Modewelle aus den USA herüberschwappte. Sie macht den Dry Gin zu einer in ganz Deutschland bekannten Marke, de aus 52 Auslieferungslagern bedient wurde. Heute beherbergt der Gewerbehof nur noch Tanzstudios und Fitnessclubs sowie edle Lofts.

Text: Dr. K. Dettmer

Zuerst erschienen als Bezirkswirtschaftsgeschichte Wilmersdorfs 2018

1 Kommentare

  1. Andreas Walter sagt

    Hallo und vielen Dank für den Artikel. Mein Uropa, Willi Schulze, hat Heinrich mit aufgebaut. Würde mich freuen wenn es weiter Referenzen oder Unterlagen zu den Anfangstagen der Brennerei gibt. Bilder sind auch sehr schön. Vielen herzlichen Dank aus Kalifornien. Andreas

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