Aktuell, Wirtschaftsgeschichte
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Berliner Jubiläen 2024

Dass ein Unternehmen überhaupt ein Jubiläum feiert, also mindestens 25 Jahre existiert, ist keineswegs selbstverständlich. Der Wirtschafts- und Unternehmenshistoriker Werner Plumpe sprach deshalb über die “Unwahrscheinlichkeit des Jubiläums”. Den unwahrscheinlichen 100. Geburtstag feiern 2024 die Investitionsbank Berlin, 1924 als Wohnungsfürsorgegesellschaft Berlin mbH zur Finanzierung des Berliner Wohnungsbaus, sowie die Degewo, als Deutsche Gesellschaft zur Förderung des Wohnungsbaues im selben Jahr gegründet. Aber auch die Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH wird 100, sie wurde 1924 nach Inbetriebnahme des Flughafens Tempelhof als Berliner Flughafen-Gesellschaft ins Leben gerufen.

150 wird in diesem Jahr der Installationsgroßhändler Bergmann & Franz Nachf., ursprünglich als Bleirohrfabrik und Röhrengroßhandlung gegründet.

Reisegruppe auf Tempelhofer Flugfeld

Reisegruppe zum Bauvereinstag 1958 auf Tempelhofer Flugfeld (BBWA S1/05/001)

Vor 625 Jahren vermietete der Rat der Stadt Cölln die Cöllner Stadtheide zur Bienenzucht gegen eine jährliche Pachtsumme an den Bürger Claus Porgen. Vor 450 Jahren wurde nicht nur eine allgemeine Landesschule auch für Söhne märkischer Bürger, also Nicht-Berliner, im “Grauen Kloster” eingerichtet, sondern auch die Glaserinnung gegründet. Vor 320 erschien der erste „Adreß-Calender der Königlich Preußischen Haupt- und Residentz-Städte Berlin und daselbst befindlichen Königlichen Hofes Auch anderer hohen und niederen Collegien, Instantien und expedistionen Auff das Jahr 1704“. Einhundert Jahre später wurde 1804 die Königliche Eisengießerei gegründet und erbaut. Nach Plänen des Ministers Graf von Reden entstand sie vor dem Oranienburger Tor und legt den Grundstein für das Gebiet, das als „Feuerland“ auch andere Akteure der Industrialisierung in Berlin anzog.

Königliche Eisengießerei

Königliche Eisengießerei (aus dem Wegweiser durch die wichtigsten Werkstätten der Residenz Berlin 1820, BBWA B425/2010)

Runde Unternehmensgeburtstage

über 150 Jahre

Fonrobert & Reimann Gummi- & Gutta-Percha-Waaren-Fabrik (195)
Verlag Veit & Comp. (190)
Optiker J. G. Obenaus Senior (190)
Kaufhaus Rudolph Hertzog (185)
H. & Ph. Behr Gießerei (185)
Kaufhaus Heinrich Jordan (185)
Zoologischer Garten (180)
W. Spindler (170)
Henrich Freese Jalousien und Holzpflaster (170)
Schmidt & Haensch (160)
Gather Druck & Vertrieb (160)
W. Quandt GmbH & Co. KG (160)
Heinrich Schnapka Tischlerei (160)
Berliner Bürgerbräu (155)
Bergmann & Franz Nachf. (150)

Laubenganghäuser der Degewo in der Basler Straße in Lichterfelde

Laubenganghäuser der Degewo in der Basler Straße in Lichterfelde (BBWA K1/01/103349)

über 100 Jahre

Verein Berliner Kaufleute und Industrieller (145)
Carl Flohr Aufzüge (heute Otis Elevator Company) (145)
Städtische Electricitäts-Werke (Bewag) (140)
Otto Berg Bestattungen (140)
Knobloch & Co. (135)
Tapeten Gebr. Untermann (135)
Druckguss Heidenau GmbH (135)
Otto Wöltinger GmbH & Co. KG (135)
Juwelier Hans Lorenz (130)
Zigarettenfabrik Manoli (130)
M. Lammfromm & Vogel (125)
Herlitz PBS AG (120)
Schnellbahn-Reklame-Gesellschaft (110)
Wolfferts & Wittmer (105)
Korsch AG (105)
Collonil Salzenbrodt (105)
Gustav Knittel GmbH (105)
Jordan Tyco Electronics GmbH & Co, KG (105)
Opel Hetzer GmbH & Automobil KG (105)
Ufa-Palast am Zoo (105)
Degewo (100)
Investitionsbank Berlin (100)
Berliner Flughafen-Gesellschaft (100)

Berliner Flughafen Tempelhof

Berliner Flughafen Tempelhof vom Flugfeld gesehen (Berliner Flughafen GmbH 1929)

über 50 Jahre

Verlag Walter de Gruyter (95)
Otto Thürmann Bäckerei (95)
Otto Reichelt (95)
Gustav Blenk GmbH (95)
Eternit [Deutschen Asbestzement AG] (95)
Musik-Oehme (95)
Beuth-Verlag (90)
Blitzschutz Hampe (70)
Dr. Gerhard Mann Pharma (heute Bausch + Lomb) (70)
Bekum Maschinenfabrik (65)
Drogerie Harbeck (65)
Goth Elektrotechnik (65)
Rudolf Dressel Autohaus (60)
G-Elit Präzisionswerkzeug (60)
Verlag Klaus Wagenbach (60)
Blumengroßmarkt Berlin eG (55)
Grips Theater (55)
PUK-Werke KG (55)

Einige dieser Unternehmen sind mit einer reichen Überlieferung gesegnet, so dass sich Ihre Geschichte nachzeichnen, verstehen und in den Kontext der Berliner und Wirtschaftsgeschichte einordnen lässt.

Einige von ihnen haben allerdings (noch) kein Unternehmensarchiv – wünschenswert wäre es, eines anzulegen, sozusagen als Geburtstagsgeschenk an sich selbst!

75 Jahre Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe

Treffen des Exekutivkomitees des RGW

Treffen des Exekutivkomitees des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (gemeinfrei)

Im letzten Jahr feierte der Marshall-Plan seinen 75. Geburtstag. Als Antwort auf die im Rahmen des Marshall-Plans entstandene Organisation for European Economic Cooperation (OEEC, später OECD), kündigte Radio Moskau am 25. Januar vor 75 Jahren durch das folgende Kommunique die Schaffung des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) an:

„Im Januar dieses Jahres wurden in Moskau Wirtschaftsverhandlungen abgehalten, an denen Vertreter Bulgariens, Ungarns, Polens, Rumäniens, Sowjetrußlands und der Tschechoslowakei teilnahmen. Die Konferenz hat festgestellt, daß zwischen den erwähnten Ländern erfolgreiche Wirtschaftsbeziehungen herrschen, die besonders in einem vermehrten Warenaustausch zur Geltung kamen. Die Schaffung dieser lebhaften Wirtschaftsbeziehungen und die Verfolgung einer gemeinsamen Politik der Zusammenarbeit haben es diesen volksdemokratischen Ländern und der Sowjetunion ermöglicht, ihren Wiederaufbau und die Entwicklung ihrer nationalen Wirtschaft zu beschleunigen. Die Konferenz hat ferner festgestellt, daß die Regierungen der Vereinigten Staaten und Großbritanniens sowie die Regierungen verschiedener anderer westeuropäischer Staaten im Grunde genommen einen wirtschaftlichen Boykott gegen die volksdemokratischen Länder und gegen die Sowjetunion verhängt haben, weil es diese Länder als unmöglich erachten, sich dem Diktat des Marshall-Plans zu unterwerfen, und zwar deswegen, weil der Marshall-Plan gleichzeitig deren Souveränitätsrechte sowie deren nationalökonomische Interessen verletzen würde. In Anbetracht dieser Umstände hat die Konferenz über die Frage der Schaffung einer Organisation beraten, welche die weitgehende wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den volksdemokratischen Ländern und der Sowjetunion zum Ziele hat. Zum Zwecke der Verwirklichung dieser weitgehenden wirtschaftlichen Zusammenarbeit hat die Konferenz die Einsetzung eines Rates für gemeinsame Wirtschaftshilfe als notwendig erachtet. Dieser Rat wird sich aus gleichberechtigten Vertretern aller an der Konferenz beteiligten Länder zusammensetzen. Der Zweck dieses Rates wird im Austausch von wirtschaftlichen Erfahrungen, gegenseitiger Gewährung von technischer Hilfe und im Austausch von Rohmaterialien, Nahrungsmitteln, Maschinen und Ausrüstungsgegenständen für die Industrie bestehen. Die Konferenz ist übereingekommen, die Türen des Rates für gemeinsame Wirtschaftshilfe auch für andere europäische Staaten offenzuhalten. die sich mit den Prinzipien dieses Rates einverstanden erklären und an der Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem Gebiet mit diesen Ländern teilzunehmen wünschen. Der Rat für gemeinsame Wirtschaftshilfe wird nur dann Beschlüsse fassen, wenn sich die interessierten Länder damit einverstanden erklären können. Der Rat wird nach einem Rotationssystem regelmäßige Sitzungen in den Hauptstädten der teilnehmenden Länder abhalten, wobei der Vertreter desjenigen Landes. in dessen Hauptstadt die Sitzung stattfindet, den Vorsitz führen wird.” Die DDR trat dem Rat 1950 bei.

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