Wirtschaftsgeschichte
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Ausstellungshallen am Kaiserdamm – Entstehung des Messegeländes

Berlin liebt Massenereignisse, und das Berliner Jahr wird weniger durch Heiligenfeiertage als durch den Rhythmus der Ausstellungen „unter dem Funkturm“ getaktet. Drei von ihnen gehen unmittelbar auf die 1920er Jahre zurück: Grüne Woche, Funkausstellung und Automobilausstellung. Nach Ausstellungen in den Stadtbahnbögen der Georgenstraße und in den Ausstellungshallen am Zoo ließ der Verein Deutscher Motorfahrzeugindustrieller 1914 durch Hans Alfred Richter eine repräsentative Halle am Stadtbahnring in Charlottenburg errichten. Nach Kriegsende 1918 wurden durch die dekretierte Demilitarisierung ehemalige Kasernengelände für andere Nutzungen frei.

Das 1920 entstandene Groß-Berlin trat die Nachfolge der vom Staat veranstalteten temporären Gewerbeausstellungen (1844/1896) und des Dauerausstellungsgeländes ULAP (Universum-Landesausstellungspark) am Lehrter Bahnhof an. Die Gemeinnützige Berliner Messe- und Ausstellung GmbH übernahm 1924 die Veranstaltung von Fachmessen. Die zwischen Elisabeth-Straße (Messedamm) und Rognitzstraße gelegene Basilika-Halle schloss im Westen ein Restaurant ab, an den Seiten war sie von flachen Seitenschiffen flankiert. Beleuchtung erhielt sie durch große Oberlichter. Der Haupteingang an der Bretschneiderstraße nahm die von den Straßenbahnlinien 58 und 75 sowie von der U-Bahnstation Kaiserdamm herbeiströmenden Besuchermassen auf. Nördlich des Messedamms entstand 1924 nach Plänen von Johann Emil Schaudt und Jean Krämer eine zweite Autohalle. In beiden Hallen präsentierte die relativ junge Autobranche 1924 die ganze Bandbreite er Produkte von LKW und Bus mit Benzin- oder Elektroantrieb bis zu Kleinwagen der Marken Hanomag, Brennabor und Opel, den Peter- und Moritzwagen, Koco- und Omikronwagen, Dixi und Aga.

Reklamemarke 1937 (BBWA S2/18)

Reklamemarke von 1937 (BBWA S2/18)

Nach der Freigabe des Rundfunks 1923 beauftragte die überwiegend in Berlin ansässige Radioindustrie den Architekten Heinrich Straumer mit dem Bau des Hauses der Funkindustrie, das nur aus Holz bestehend den ungestörten Rundfunkempfang gewährleisten sollte. Den Sendebetrieb stellte ein Mast sicher, der 1926 durch den Funkturm ersetzt wurde. Die einzelnen Hallen waren durch Brücken miteinander verbunden. Mit dem Haus der Funkindustrie wurde das Messegelände ausgedehnt. 1926 fand erstmals die Grüne Woche statt. 1928 fand die Ausstellung „Die Ernährung von Berlin“ statt, die nun auch Freiflächen um den Funkturm einbezog. Es folgten Wettbewerbe um die Gestaltung des Messegeländes, veranstaltet vom Stadtbaurat Martin Wagner und dem Architekten Hans Poelzig, deren Umsetzung aber die Weltwirtschaftskrise verhinderte. Das heute bekannte Erscheinungsbild des Messegeländes mit Annschluss über den neu angelegten S-Bahnhof Witzleben stammt aus den 1930er Jahren. Die Ruinen der beiden Autohallen wichen dem Bau der Stadtautobahn und ihrer Anschlussstellen am Kaiserdamm, dem ZOB und dem Neubau des Verwaltungsgebäudes der Landesversicherungsanstalt, der inzwischen der BMW-Zentrale ın Berlin gewichen ist.
Über viele Facetten der Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte gibt es heute keine Unterlagen mehr. Das Berlin-Brandenburgische Wirtschaftsarchiv hat die Aufgabe, Unterlagen zur Berliner Wirtschaft zu sichern und zu erhalten (Dokumente, Werkszeitungen, Produktkataloge, Fotoalben, Patente und Aktien, Jahresabschlüsse, Bilanzen und Verträge).

Haus der Funkindustrie (Innenaufnahme)

Haus der Funkindustrie (Innenaufnahme, außen s. oben)

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