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Zwischen Lampen und Öfen

Briefkopf Ehrich & Graetz

Wirtschaftsarchiv übernimmt historischen Aktenbestand der Ehrich & Graetz AG

Als in der vergangenen Woche eine Mail das BBWA erreichte, freuten sich die Mitarbeiter über das Angebot des Treptow-Museums, den historischen Aktenbestand der ehemaligen Berliner Firma Ehrich & Graetz zu übernehmen. Das Museumspersonal sah sich auf Grund der begrenzten Lagermöglichkeiten gezwungen, einen größeren Bestand abzugeben, entschied sich für die Unterlagen des bekannten Unternehmens und suchte nach einem vertrauensvollen Abnehmer.

Die Wahl fiel auf das BBWA, das auch die richtige Adresse für historisches Wirtschaftsschriftgut ist, und so machten sich am Mittwoch, den 23. September, Geschäftsführer und Archivar auf den Weg von Reinickendorf nach Treptow, um die 44 Kartons und einige lose Stücke zu begutachten und anschließend direkt ins Archiv mitzunehmen. Während der anschließenden Führung durch das Museum ergaben sich thematische Anknüpfungspunkte für die weitere Zusammenarbeit der beiden Einrichtungen, wovon beide Seiten profitieren werden.

Ehrich & Graetz:

Das Unternehmen wurde bereits 1866 von Albert Graetz, einem Klempnermeister, und Emil Ehrich, einem Kaufmann, als Lampen-Fabrik Ehrich & Graetz OHG gegründet. Rund 30 Jahre später übernahmen die Söhne Max und Adolf Graetz die Firma und expandierten unter anderem in Frankreich, Großbritannien, Österreich und den USA. Nach der Ausrichtung hin zur Gasbeleuchtung und dem endgültigen Durchbruch durch die Erfindung des „Graetzin-Lichts“ entwickelte Max Graetz 1910 die Petromaxlaterne, die vor allem Aufträge im Ausland bescherte.

Im 1. Weltkrieg wurde das Unternehmen innerhalb kürzester Zeit auf die Rüstungsgüterfabrikation umgestellt, so dass die Belegschaft auf ca. 7.000 Beschäftigte anstieg und sich damit mehr als verdoppelte. Durch die Beschlagnahmung der Niederlassungen in Frankreich und Großbritannien schrumpfte diese Zahl jedoch deutlich auf rund 1.000 Angestellte. In der Weimarer Zeit wurde mit der Produktion von Radios begonnen, und Fritz Graetz, Sohn von Max, übernahm die Unternehmensleitung. Mit den Marken „Graetzin“ und „Graetzor“ wuchs die Firma stetig an und beschäftigte 1941 wieder rund 3.500 Mitarbeiter.

Die Zeit des Nationalsozialismus und der 2. Weltkrieg bescherten der Firma durch die Beschäftigung von Zwangsarbeitern jedoch ein dunkles Kapitel, welches in einer Ausstellung des Jüdischen Museums Berlin 2004 beleuchtet wurde. Nach dem Weltkrieg begann trotz schwerwiegender Kriegsschäden im Stammwerk erneut die Produktion, ehe die Firma 1949 Volkseigentum wurde und ab 1950 als VEB Fernmeldewerk, Berlin Treptow (RFT) firmierte.

Fritz und sein Bruder Erich Graetz gründeten bereits 1948 im westfälischen Altena die Graetz KG und entwickelten diese in den 1950er Jahren zu einem der bedeutendsten und renommiertesten deutschen Radio- und Fernsehgerätehersteller. 1960 wurde das Unternehmen dann an Standard Elektrik Lorenz / Alcatel verkauft und produzierte noch bis 1990 Geräte im Bereich der Unterhaltungselektronik. Bereits 1988 hatte Nokia das Nachkriegsstammwerk in Altena übernommen, schloss dieses jedoch 1993 endgültig.

Der Bestand:

Der übernommene Aktenbestand umfasst rund 10 laufende Meter unbearbeitete Akten mit einer Laufzeit von 1888 bis 1945. Es handelt sich dabei vorrangig um Patentanmeldungen und -urkunden, Gebrauchsmusteranmeldungen und -eintragungen, Verträge und Schriftwechsel mit anderen Firmen.

Die Unterlagen sollen im nächsten Schritt technisch bearbeitet und umverpackt werden. Daran schließt eine intensive Verzeichnung an, die die Nutzung des Bestands ermöglichen wird.

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