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Kleinstbestände im BBWA – Maschinen- und Apparatebau in Wittenau

Es gibt Unternehmensadressen in Reinickendorf, die uns sofort ins Auge fallen, weil sie für die Geschichte der Industriekultur eine bedeutende Rolle spielen. Dazu gehört unter anderen das ehemalige Gelände der “Dittmann Fahrzeugbau GmbH” in der Lübarser Straße 40-46.

Ãœber eine Anzeige im “Amtlichen Katalog” der Deutschen Industrieausstellung in Berlin 1969 wurden wir auf die Firma Hermann Henseler Maschinen- und Apparatebau aufmerksam, die sich – wie aus weiteren Recherchen hervorging – auf diesem Gelände ab 1957/1958 befand.

Anzeige aus dem “Amtlichen Katalog” der “Deutschen Industrieausstellung” in Berlin 1969 (BBWA S2/17/5)

Hermann Henseler (*08.11.1900) gründete 1933 eine “Maschinenbauanstalt”, die sich wahrscheinlich zunächst an seinem Wohnort in Weißensee befand. Er selbst war ausgebildeter Schlosser und Dreher und in den Anfangszeiten beschäftigte sich der Betrieb mit “Dreh- und Fräsarbeiten sowie mit sonstigen spanabhebenden Arbeiten”.

Um 1934/35 verlegt Hermann Henseler den Sitz des Unternehmens in die Hollmannstraße 32 in Berlin-Kreuzberg. 1939 tritt sein Schwager Franz Bierbach als Prokurist in die Firma ein und übernimmt die kaufmännische Leitung. Zum einen scheint die Trennung von technischer und kaufmännischer Leitung dem Unternehmen sehr gut zu tun. Es beginnt sich stärker im Bereich Maschinenbau zu profilieren. Zum anderen sorgt wahrscheinlich auch die Beteiligung an der Kriegsproduktion zu höheren Umsätzen. Indizien dafür sind, dass Hermann Henseler um 1941 das Grundstück “Hollmannstraße 32” kauft und dass er bis zum Ende des Krieges etwa 700 Mitarbeiter beschäftigt. Zudem taucht das Unternehmen in allen bekannten Listen über Zwangsarbeiter in Berlin auf.

Nach Kriegsende 1945 wurde der Betrieb, wie viele andere, demontiert. Es sollen 260 Werkzeugmaschinen, ganze Fräsmaschinenstraßen, Index-Automaten, Gewinde- und Lehrenbohrwerke verloren gegangen sein.

Hermann Henseler gelang der Wiederaufbau seines Unternehmens relativ schnell. Zunächst stellte er Tabakschneidemaschinen her. Schon 1955 beschäftigt er wieder 120 Mitarbeiter in den Räumen in der Hollmannstraße 32 und in einer Zweigniederlassung in der Seeburger Straße 7-11 in Spandau weitere 30 Mitarbeiter. Besonders bekannt ist die Firma durch die Herstellung von Fernmeldebauzeug im Hoch- und Tiefbau sowie für Abfalleimer und Mülltonnen, die an die Stadtreinigung geliefert wurden. Zudem produzierten sie für die Amerikaner Stahlschränke, von denen sie Anfang der 60er Jahre innerhalb von 18 Monaten 55.000 Stück auslieferten.

Anzeige im Branchenbuch von 1960.

Die Räume in der Hollmannstraße reichen bald nicht mehr aus. Darum zieht das Unternehmen zur Jahreswende 1957/1958 in die Lübarser Straße 40-46. Für den Aufbau einer modernen Fabrikation investiert Hermann Henseler zwischen 2 und 2,5 Millionen DM. Aus einem Schreiben der IHK an die Deutsche Industriebank vom März 1959 geht hervor, dass der Hauptauftraggeber “nach wie vor die Bundespost” ist. 1962 wird die Zweigstelle in Spandau aufgegeben.

1966 investiert Henseler nochmals 250.000 DM um eine neue, rund 1500 qm große Fabrikationshalle auf dem Gelände in der Lübarser Straße zu bauen. Damit vergrößert sich die Nutzfläche des Unternehmens auf 17.500 qm. Um diese Zeit ist die Auftragslage des Betriebes so, dass bis Mitte 1968 der Bestand des Betriebes gesichert ist. Auch zu dieser Zeit kommen 85% der Aufträge von der öffentlichen Hand.

1969 hat das Unternehmen ungefähr 250 Mitarbeiter. Neben der Produktion von Fernmeldebauzeug, Großbehälterbau und Feineisenbau entwickelt Hermann Henseler hydraulische Pressen und bietet diese im Baukastensystem gefertigten Maschinen in 96 Variationen an.

Am 16.6.1969 stirbt mit 63 Jahren der kaufmännische Leiter Franz Bierbach. Inzwischen ist auch Hermann Henseler schon 69 Jahre alt. Ob sein Alter, fehlende Erben oder schlechte Geschäfte dazu führen, dass der Betrieb am 31.12.1970 von ihm stillgelegt wird, ist unbekannt. Im März 1971 wird er aus dem Handelsregister gelöscht.

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  1. Es ist spannend zu erfahren, welche Firmen in diesem Sektor tätig sind. Wir sind nämlich auch gerade wieder auf der Suche nach einem Apparatebau. Ich hoffe, dass wir einen zuverlässigen Partner für unser Projekt finden werden.

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