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„Ein Fest mit Nullen und Einsen” – Notizen zur digiS Jubiläumskonferenz

Am 24.05.2023 fand die Jubiläumskonferenz des Forschungs- und Kompetenzzentrums Digitalisierung Berlin (digiS) statt – das 10-Jährige wurde gefeiert, und wir durften dabei sein. Endlich mal wieder eine Konferenz vor Ort. Das begeistert nicht nur uns und die anderen Teilnehmenden, sondern auch die Geschäftsleitung der digiS, Prof. Dr. Thorsten Koch und Beate Rusch, sowie das neunköpfige digiS-Team.

Nach einführenden Worten von Beate Rusch gab Anja Müller einen spannenden Überblick über die Entstehung von digiS im Jahr 2012 im Rahmen des landesweiten Förderprogramms Digitalisierung. Sie war die erste Servicestelle für Digitalisierung deutschlandweit und wird gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Die digiS hat die Aufgabe, Kultureinrichtungen bei Digitalisierungsprojekten zu beraten und zu unterstützen. Dazu gehört die Beratung für die Antragstellung eines Projektes, die Auswahl der Digitalisate, die technische Umsetzung sowie Möglichkeiten einer langfristigen Nachnutzbarkeit und Verfügbarkeit der Daten u. a. durch Weiterleitung an das Portal der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB). Vieles ist seit 2012 geschehen, was auch in Zahlen ausgedrückt wurde, u. a. wurden 130 Projekte gefördert, das Langzeitarchiv EWIG entwickelt und in Betrieb genommen sowie sieben Handreichungen zur Digitalisierung veröffentlicht.

Die digiS hat sich aber auch noch an vielen anderen Projekten beteiligt, z. B. an der Ausarbeitung des Metastandards LIDO. 2014 haben sie gemeinsam mit Wikimedia Deutschland, der DDB und der Open Knowledge Foundation Deutschland den Kultur-Hackathon „Coding da Vinci“ ins Leben gerufen. Von 2014 bis 2022 gab es 14 Hackathons. Seit 2015 hat das Land Berlin eine Open-Access-Strategie, die vom Open Access Büro Berlin umgesetzt wird. Im Rahmen dieser Strategie wurde 2018 die digiS und das Förderprogramm zur Digitalisierung von Kulturgut verstetigt.

Im Anschluss formulierte Prof. Dr. Thorsten Koch seine Wünsche für die Zukunft der digiS, zusammenfassend als Erfolg mit der Arbeit über die nächsten 100 Jahre hinweg.

Nach den Grußworten des Senators für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt Joe Chialo hielt Alissa Krusch den ersten Vortrag „Reality Check Witten“ – Räume zwischen Null und Eins. Sie schilderte die Geschichte einer beginnenden digitalen Transformation im Kulturforum Witten und zeigte an drei Künstlerprojekten die „andere Seite der Digitalisierung“. Diese Art von Projekten haben im Kulturforum Witten zu einem neuen Verständnis von Digitalität geführt und dadurch den komplexen Kulturbetrieb von innen heraus verändert.

Vor der Mittagspause gab es noch fünf Werkstattberichte früherer Projekte (Reality Check Berlin I) und zwanzig Minuten Minute Madness der Projektpartnerinnen und Projektpartner 2022/2023 (Reality Check Berlin II).

Lukas Seidel berichtete von den 20 geförderten Projekten des Stadtmuseums und wie sich die Präsenz auf den Portalen der DDB und der Europeana auf die Sichtbarkeit des Museums auswirkt. Jana König stellte fünf Projekte des FHXB Friedrichshain-Kreuzberg-Museums vor. Besonders eindrucksvoll war die 3D-Dokumentation der von 2012 bis 2018 von Geflüchteten besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg. Durch das Projekt des FFBIZ – des feministischen Archivs – hörten wir erstmals etwas über Helga Sophie Götze, deren Leben sich durch eine Affäre grundlegend änderte, deren Gedichte digitalisiert wurden sowie über den Metakatalog des FFBIZ einsehbar sind. Spannend auch die Projekte des Georg-Kolbe-Museums und des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte der HU-Berlin.

Poster-Session: Plakat Berliner Eisen

Danach die Minute Madness der Projekt 2022/2023:
Die Zwillinge und Tante Ly: Ein Digitalisierungsprojekt zur Familiengeschichte Alice Salomons (Alice Salomon Archiv), Schnittstelle Architektur – Baugebundene Kunst in Berlin, Berliner Eisen – Berlin als Standort für Industrie, Handwerk und Kreativwirtschaft (Hochschule für Technik und Wirtschaft), Erschließung, Digitalisierung und öffentliche Zugänglichmachung historischer Fotoalben (Museum Charlottenburg-Wilmersdorf), Sport in Fotoalben und auf Bildpostkarten: Sport als Erlebnis von Natur, Gemeinschaft und Körperermächtigung (Sportmuseum Berlin) – um nur einige der 23 Projekte aus 2022/2023 zu nennen. Alle Projekte aus der Minute-Madness-Session hier vorzustellen, würde den Rahmen unseres Archivblogs sprengen, aber die Liste der insgesamt 23 Projekte aus 2022/2023 ist auf der digiS-Webseite einsehbar.

Mittagspause! Neben dem leckeren Buffet und den vielen interessanten Gesprächen mit anderen Teilnehmenden gab es natürlich auch noch Programm. Zum einen die Postersession der Projekte 2022/2023 und zum anderen den „Vektor Kollektor“ des Künstler-Duos Kati Hyyppä und Niklas Roy. Hier konnten die Teilnehmenden ihre „Gedanken lesen lassen“ und auf Papier verewigen.

Im Nachmittags-Panel ging es dann um Künstliche Intelligenz. Zunächst kam Saskia Valerian als Überraschungsgast aus Amerika, die uns per Video einen englischsprachigen Vortrag über KI gehalten hat. Erschreckend und faszinierend zugleich – die gesamte Rede, einschließlich der Vortragenden, hat eine KI-Software in wenigen Stunden entwickelt. Was bedeutet das für die Zukunft? Können wir wirklich in zehn Jahren bei einem Zoom-Vortrag nicht mehr unterscheiden, ob ein Mensch oder ein Avatar uns etwas erzählt – ein Szenario von Prof. Dr. Thorsten Koch, von dem er überzeugt ist.

In seinem Vortrag „Überschätzen wir die natürliche Intelligenz? – Anmerkungen zu KI und Algorithmen“ gab er eine Einschätzung zum Stand der KI, erklärte was ChatGPT ist, was eine KI nicht kann, was eine KI kann und wie sie vielleicht die Welt verändern wird.

Die Veranstaltung endet mit der Panel-Diskussion „KI & Kulturerbe“, moderiert von Beate Rusch, mit den Diskutantinnen und Diskutanten Dominik Bönisch, Judith Faßbender und Dr. Till Kreutzer über die Fragestellungen, inwieweit Künstliche Intelligenz/Machine Learning Einfluss auf Kulturerbe-Institutionen haben oder haben werden.

Einige Dinge gibt es, die sich wahrscheinlich alle 200 Teilnehmenden gemerkt haben:

  1. „ChatGPT ist ein Textgenerator und keine Datenbank! Das heißt, wenn Sie nach Fakten fragen, brauchen Sie ein bisschen Glück damit die Antwort stimmt.“
  2. Die Hutkachel – eine von Mathematikern nach 50 Jahren des Versuchs 2023 endlich berechnete hutförmige „Einstein-Kachel“, die es ermöglicht z. B. eine Badezimmerwand lückenlos zu bedecken, ohne dass sich das Muster jemals regelmäßig wiederholt.
  3. Der Countdown beim Raketenstart ist keine Erfindung der Amerikaner, sondern eine Erfindung des Stummfilm-Pionier Fritz Lang, in dessen Film “Frau im Mond” (1929) die Crew nach dem Countdown ins All startete.

Den Wahrheitsgehalt bitte bei ChatGPT erfragen.

Das Fest mit „Nullen und Einsen“ war kurzweilig, spannend, interessant und bereichernd. Herzlichen Dank an die Veranstalter für diese gelungene Jubiläumsjahreskonferenz.

Text: Tania Estler-Ziegler

 

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