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Historisches Archiv zum Tourismus wiedereröffnet

Walter Krombach (l.) übergibt Prof. Spode den Festtagsband

Einzigartiges Branchenarchiv stand vor dem Aus

Am 29. November wurde das Historische Archiv zum Tourismus (HAT) unter dem Dach des Zentrums Technik und Gesellschaft bzw. des Centers for Metropolitan Studies an der TU Berlin wiedereröffnet.

Damit wird nicht nur der Umzug von der FU Berlin an die TU abgeschlossen, sondern auch eine prekäre Phase für das Archiv, das zeitweise vor dem Aus stand. Das Archiv war Ende der 80er gegründet worden, um historische Materialien für die interdisziplinäre, vor allem die kulturwissenschaftliche Reise- und Tourismusforschung zu sammeln. Damit setzte das HAT die Aufgabe des „Forschungsinstituts für Fremdenverkehr” fort, das bereits 1929 mit einer einschlägigen Sammlung begonnen hatte.

Zur Wiedereröffnung erschienen rund 50 Teilnehmer – sowohl aus Wissenschaft und verwandten Institutionen als auch Vertreter der Politik. Walter Krombach, Geschäftsführer der Willy-Scharnow-Stiftung für Touristik, hob in seiner Ansprache die Einmaligkeit des HAT hervor. Prof. Hasso Spode, der Leiter des Archivs, durfte als Geschenk den Festtagsband zum 70. Geburtstag Willy Scharnows entgegennehmen und bedankte sich für die “unverbrüchliche Treue”, die die Stiftung dem Archiv gegenüber stets an den Tag gelegt hat.

600 Laufmeter zur Touristik umfasst das Archiv. Finanziert wurde deren Verzeichnung durch die Volkswagen-Stiftung, getragen von der Willy-Scharnow-Stiftung, die ab 1988 die Sammlung von Prospekten, Katalogen, Reiseliteratur, Plakaten, Fotoalben, Reiseführern, Statistiken und Länderkunden gefördert hatte. Als aber 2011 die FU für die auf dem Campus in Lankwitz genutzten Räumlichkeiten Raumkosten einforderte, schien es zunächst, als müsste die Sammlung in Kisten verpackt und an einen dunklen Ort verbracht werden, von wo aus ein düsteres Schicksal gedräut hätte.

Doch der Aufschrei der Fachwelt war groß. Prof. Spode konnte zahlreiche Nutzer, Fürsprecher, Partner und Experten gewinnen, die sich für den Erhalt des Archivs als einzigartiger Sammlung ihrer Art aussprachen.

Das HAT vor dem Umzug (Photo: Hasso Spode)

Das HAT vor dem Umzug (Photo: Hasso Spode)

Auch Prof. Klaus Dettmer und Dr. Maria Borgmann vom Berlin-Brandenburgischen Wirtschaftsarchiv – um ein Gutachten gebeten – konstatierten am 4. Oktober 2011: „Das HAT stellt eine Branchensammlung dar, die als einmaliges Forschungsarchiv weiterhin öffentlich zugänglich sein sollte.” Noch deutlicher hob Prof. Astrid Eckert von der Emory University in Atlanta das Lob hervor: „HAT holds a unique collection of materials on the historical development of tourism. There is no other comparable archive in the world.” [Als Randnotiz sei bemerkt, dass Frau Prof. Eckert in jenem US-Bundesstaat unterichtet, der jüngst sein eigenes Staatsarchiv für die öffentliche Nutzung schließen wollte].

Der Protest zeigte Wirkung und überzeugte die Verantwortlichen an der TU Berlin, die Sammlung zu übernehmen, die nun in das ehemalige IHK-Gebäude an der Hardenbergstraße 16-18 eingezogen ist. Dieses Kapitel der traurigen Geschichte “Archive in der Krise” muss nicht geschrieben werden. “Ein wenig Wasser in den Wein” müsse er dennoch gießen, bekannte Prof. Spode, denn eine alltägliche Betreuung für das Archiv werde es zukünftig nicht geben, d.h. die Benutzung kann nur nach Vereinbarung geschehen, und neue Archivalien werden vorerst nicht erfasst und verzeichnet. “Ein Archiv ist ein Prozess”, sagte Prof. Spode, und eine Sammlung lebt durch ihre Nutzung und Erweiterung.

Spezialsammlungen wie das HAT sind stets davon bedroht, dass sie nach dem Wegfall des engeren Sammlungsanlasses entweder gänzlich vernichtet werden oder aber in Teile zerrissen werden, die entweder verkauft, fremdgenutzt oder weggeworfen werden. Dabei ziehen sie ihren Wert nicht nur aus der Einzelinformation der jeweiligen Archivalie, sondern insbesondere aus der einzigartigen und nicht rekonstruierbaren Sammlungsgestaltung.

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