Archivgut, Wirtschaftsgeschichte
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Unter der Lupe – Das Rätsel um die Unternehmensgeschichte der „Blechemballagen-Fabrik Gebr. Koppe“

Das Recherchieren zur Unternehmensgeschichte der Gebr. Koppe AG ähnelt einer Schnitzeljagd, bei der nicht alle Hinweise zum Auffinden des Schatzes gefunden wurden.

Das World Wide Web, normalerweise eher üppig mit den Auskünften zu jedem Thema, ist im Fall dieser Firma ziemlich ‚geizig‘ mit Informationen.

Aktie der Gebr. Koppe AG von 1941 (BBWA S2/16/468)

Zunächst ist festzustellen, dass die Wertpapiere des Unternehmens zu Sammlerstücken geworden sind. Auf dutzenden Webseiten werden ihre Aktien zwischen ca. 30 bis 100 Euro verkauft. Unter jeder dieser Aktien ist eine kurze Geschichte aufgeschrieben: „Herstellung von Blechpackungen jeder Art. Gegründet 1888 unter der Firma Gebr. Koppe; AG ab 22.8.1916 mit Wirkung ab 1.7.1916; eingetragen 20.10.1916. 1950 Berliner Wertpapierbereinigung, ab 1952 GmbH.”

Metalldose für “Ingber” (Stiftung Domäne Dahlem, DD1/94/010-26)

Zu ihrer Gründungszeit waren die Gebrüder Koppe aber nicht für ihren Erfolg in der Finanzwelt bekannt, sondern für ihre Produkte, insbesondere für ihre Blechdosen, die auf vielen Webseiten als Sammlerstücke zu finden sind. Informationen über die Historie der Firma oder eine genaue Datierung der Blechdosen und -schilder finden sich dort aber nicht.

Dafür gibt es aber glücklicherweise die Berliner Adressbücher, in der eine Menge Informationen zur Frühzeit des Unternehmens stehen. So erfahren wir aus dem Adressbuch von 1889, dass die Kaufleute Otto und Paul Koppe die Firma Gebr. Koppe in der Reichenberger Straße 47 in Berlin-Kreuzberg mit folgender Produktpalette gegründet haben: “Blechemballagen- u. Metallwrfbrk, Massenfbrk gezogener u. gepragter Metallwaren in Weißblech, dekorirtem, bedrucktem u. Mosaikblech, in Messingblech u. nickelplattirtem Metall. Blech-Plakat-Druckerei. Blechdosen f. Fette, Wichse, Pomade etc., sowie Blechembalagen f. alle chemisch-pharmazeutische Zwecke, für Thee, Kaffee, Konfitüren etc. – Konserve-Büchsen, Kannen f. Lacke, Oele etc., Lackir- u. Blechspielwr.”

Werbeaufsteller “Schmidt’s Qualitätsgewürze” (Stiftung Domäne Dahlem, DD1/90/006-3)

Die beiden Brüder leiteten die Firma ungefähr zehn Jahre. Um 1898 übernehmen Hans Knop und Arthur Liedloff die Gebr. Koppe. Arthur Liedloff stirbt wahrscheinlich 1902. Erben sind seine Witwe Anna und die Geschwister Liedloff. Ab 1904 finden wir in den Berliner Adressbüchern die Inhaber Hans Knop und Max Liedloff.

Das Unternehmen war sehr erfolgreich. Es fertigt in den nächsten Jahrzehnten unter anderem Emaille-Werbeschilder nicht nur für stadtbekannte Berliner Firmen an, sondern ist auch deutschlandweit vertreten. Nach dem Tod von Arthur Liedloff zieht die „Blechemballagen-Fabrik Gebr. Koppe“ in die Rittergutstraße 131/132 in Berlin-Lichtenberg. Um 1904 kaufen sie das Gebäude, das bis dahin im Eigentum der Hillig & Westphal Maschinenfabrik war.

Rittergutstr. 131/132 (Foto: Francesco Maria Zaghini, 1917)

1916 wird das Unternehmen zur Gebr. Koppe AG. Auch wenn sich kein Handelsregister-Auszug gefunden hat, informieren uns zumindest die gedruckten Handels-Register des Amtsgerichts Berlin-Mitte von 1921 und von 1929 darüber, dass Max Ernst und Arthur Günther damals Vorstandmitglieder waren. Einer der Prokuristen ist Paul Bergmann, der schon seit 1911 im Unternehmen tätig ist.

Die Jahre von 1933 bis 1945 liegen mehr oder wenig im Dunkeln. Aus den Akten des Landesarchivs erfahren wir zwar, dass die Gebr. Koppe AG, wie alle Firmen, 1936 in die Deutsche Arbeitsfront eintreten ist und nachweisen musste, dass ihre Vorstandsmitglieder “reine Deutsche” sind. Danach gibt es aber erst wieder Akten des Magistrats von Berlin (Ost-Berlin), die sich ab Ende der 40er Jahre mit der Enteignung der Firma beschäftigen. Hier gibt es einige wenige Hinweise zum vorangegangen Zeitraum. Die Gebr. Koppe AG hatte demnach während des Krieges 300 Mitarbeiter, war ein Wehrwirtschafts- und Teilrüstungsbetrieb und stark verbunden mit ihrer Schwesterfirma der Meissner Blechwarenfabrik in Dresden. Hauptaktionäre beider Firmen war Max Ernst und seine Schwester Ilse Rothe. Max Ernst soll Mitglied der SS und der NSDAP gewesen sein. Außerdem gibt es Hinweise, dass Fremdarbeiter misshandelt worden sein sollen und Ostarbeiter ins KZ gebracht worden sind.

Aus einer kurzen Notiz in der „Berliner Wirtschaft“ vom 13.09.1951 geht hervor, dass die Firma nach dem zweiten Weltkrieg zunächst demontiert und dann in Lichtenberg am alten Sitz wiederaufgebaut wurde. 1947 sind als Vorstandsmitglieder Paul Bergmann und Paul Biener genannt, beides Mitarbeiter, die schon lange im Unternehmen tätig waren. 1949 wird die Gebr. Koppe AG dann in Ost-Berlin unter Treuhandverwaltung gestellt und baut mit Hilfe eines Kredits ein neues Werk zur Herstellung von Blechpackungen, Plakaten und Tuben in Berlin-Kreuzberg in der Schlesischen Str. 26 auf. 1951 sind dort 50 Arbeiter beschäftigt. 1952 wird die Aktiengesellschaft in eine GmbH umgewandelt. Zum Geschäftsführer werden Paul Bergmann und Paul Biener bestellt.

Briefkopf von 1959 (BBWA K1/1/85)

Obwohl die Gebr. Koppe ein sehr bekanntes Unternehmen mit einer eingeführten Marke sind, wird am 31.7.1954 das Konkursverfahren eröffnet, was sicherlich zum einen mit dem großen Kredit, aber auch mit der schlechten Wirtschaftslage in der Nachkriegszeit zu tun hat. Doch es geht weiter. Rudolf R. Pohle glaubt an das Potential der Gebr. Koppe GmbH, kauft sie und führt sie weiter als Gebr. Koppe – Fabrik für Blechpackungen und Blechdruckplakate Inhaber Rudolf R. Pohle KG. Er selbst wird zusammen mit Paul Diener Geschäftsführer. Rudolf R. Pohle gelingt es die Rentabilität des Unternehmens durch Abschluss guter Lieferverträge wiederherzustellen. Doch im September 1959 verunglückt er bei einem Verkehrsunfall tödlich, was wiederum zu einem Verkauf der Firma führt.

Die J. A. Schmalbach Blechwarenwerke AG aus Braunschweig übernimmt Ende 1959 die Gebr. Koppe und wandelt sie wieder in eine GmbH um. Sechs Jahre später, am 30. März 1965 wird die Gebr. Koppe GmbH in J. A. Schmalbach Verpackungen GmbH umbenannt. Somit verschwindet der Name der Traditionsfirma endgültig aus dem Berliner Stadtbild.

Text: Francesco Maria Zaghini/Tania Estler-Ziegler

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