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Kleinstbestände im BBWA – Karl Hess, eine Kunst- und Plisseeformen-Fabrik in Kreuzberg

Wenn ich an Plissee denke, erscheint vor meinem geistigen Auge der Faltenrock, den meine Oma so adrett an jungen Mädchen fand und den ich als jeansgeprägte Generation als gnadenlos altmodisch empfand.

Jetzt, einige Jahrzehnte später, habe ich sehr viel Freude an unserem neuesten Kleinstbestand, der u. a. Plisseemuster aus den späten 20er Jahren der Kunst-Plissee-Formen-Fabrik und Kunst-Plissee-Brennerei Karl Hess beinhaltet. Aus einem Brief von 1927 ist zu erfahren, dass vor allem die Tupfenformen auf „dem Gebiete der Plisseemode geradezu epochenmachend wirken“.

BBWA S2/13/687 – Ausschnitt aus Blatt V. Sämtliche Tupfenmusterformen

Neben den Plisseemustern verkauft Karl Hess auch Dampf- und Trockenschränke sowie verschiedene Maschinen, um den Plissee herzustellen.

BBWA S2/13/687

Im Internet ist zu lesen, dass es Plisseegewänder bereits vor über 2000 Jahren im alten Ägypten gab und bis ins späte Mittelalter hinein wohlhabenden Menschen vorbehalten waren. Im 16. und 17. Jahrhundert ist der Stuart-Kragen im Mode, im 18. und 19. Jahrhundert wird Plissee insbesondere im Trachtenbereich verwendet. Im 20. Jahrhundert wird der in „Falten gelegte“ Stoff dann nicht mehr nur für Kleidungsstücke verwendet, sondern auch für Jalousien, Lampenschirme, Industriefilter, Roboterarme und vieles mehr.

Zurück zu unserer Plisseeformen-Fabrik Karl Hess, die 1927 in Kreuzberg am Kottbusser Damm 24 angesiedelt war. Die Rekonstruktion der Geschichte dieser Fabrik erwies sich als schwierig. Das Handelsregister von 1930 verrät uns, dass Karl Hess sein Gewerbe 1929 eingetragen hat. In der sehr dünnen Unternehmensmitgliedsakte der IHK wird als Gründungsdatum 1908 angegeben, weil er wahrscheinlich zuvor nicht registerpflichtig war.

BBWA S2/13/687

Die Berliner Adress- und Telefonbücher zeigen, dass sich die Plisseeformen-Fabrik tatsächlich von 1912 bis 1949 am Kottbusser Damm 24 befunden hat.

Branchen-Adressbuch für Berlin, Ausgabe 1946/1947

Zwischen 1950 und 1955 ging die Fabrik in das Eigentum des 1909 geborene Elektro-Ingenieur Paul Weisflog über und zog in die Skalitzer Straße 10. 1963 hat das Unternehmen zwei Mitarbeiter (Arbeiter) und einen Jahresumsatz von 20.000 DM. Am 14.12.1966 wird die Plisseebrennerei und Herstellung von Lampenschirmen Karl Hess abgemeldet.

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