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Drei Monate Praktikum: Zirkus, Werbemittel und Gewerkschaftsbund

August bis Oktober war ich im BBWA im Praktikum. Meine Hauptaufgabe war die Verzeichnung eines Bestandes über den FDGB – „Freier Deutscher Gewerkschaftsbund“ – mit 20 Aktenordnern (V3/01). Zunächst musste dieser von Eisen, hauptsächlich Heft- und Büroklammern, befreit werden und in säurefreie Archivmappen umgebettet werden. Diese wurden in Archivkartons gelegt und Mappe und Karton signiert. Das waren die ersten beiden Tage.

Den Bestand verzeichnete ich in der Archivsoftware AUGIAS-Archiv 9.2, die zeitaufwendigsten Aufgaben waren hier die Vergabe der Enthält-Vermerke und die Titelbildung – inhaltlich teilweise spannend und manchmal trocken. Am besten haben mir die unterschiedlichen Darstellungen einer Situation gefallen, wenn etwa die UGO – die „Unabhängige Gewerkschaftsorganisation“ – das Ergebnis einer Wahl anfechtet und der FDGB meint, alles sei korrekt abgelaufen. Interessant waren auch Statistiken zum Brutto-Stundenverdienst von 1949 in der DDR (1,7 – 0,9 Mark), Reiseberichte und Protokolle verschiedenster Sitzungen. Der Großteil der Unterlagen stammt aus dem Zeitraum von 1945 bis 1952. Es ist auch immer wieder toll, wie ein Bestand einen dazu bewegen kann, sich privat näher mit dem Thema zu beschäftigen. Ich habe meine Eltern nach ihrem Kontakt mit den Massenorganisationen der DDR gefragt und konnte ihrer Vergangenheit so besser verstehen.

Meine zweite große Aufgabe war das Verzeichnen der Sammlung „Werbemittel“ (S2/09) in AUGIAS-Archiv 9.2. Eine Aufgabe, die mir Spaß gemacht hat, da es viele verschiedene Firmen waren und die Branchen sehr unterschiedlich werben. Vom einseitigen bilderlosen Handzettel der Umzugsunternehmen zu den aufwendigen Hochglanzbroschüren der Luxushotels. Ich bringe ein privates Interesse an Werbung mit, weil ich sie teilweise sehr ästhetisch oder unterhaltsam finde und weil der Alltag so von ihr durchdrungen ist, dass ich halbwegs kompetent mit ihr umgehen möchte.

Zwischendurch fielen kleinere Arbeiten an – wie das Scannen und Kopieren von Unterlagen, das Signieren von Diakästen und ihre Erfassung in Excel, der Telefondienst, das Demontieren von Aktenordnern, das Ausheben und Reponieren von Archivalien und das Umräumen und Einräumen der Regale, wenn z. B. neue Bestände eintrafen. Einer davon (und der größte) war ein Bestand über Zirkusse, bei dessen Vorsortierung in Kategorien (wichtige Persönlichkeiten, graue Literatur, große Zirkusse, Fotos, Zeitschriften u.v.m.) ich geholfen habe.

Faszinierend war die Recherche zu einzelnen alten Berliner Firmen in verschiedensten Quellen: Im Internet, in den Akten im BBWA, im Berliner Handelsregister, in den Berliner Adressbüchern und in Akten des Berliner Landesarchivs. Die aufgefundenen Informationen wurden notiert und bei ausreichendem Umfang zu einem Text über Firmengeschichte für den Blog des BBWA zusammengeführt. Mir war nicht klar, dass die Berliner Industrie derart vielfältig war, im BBWA atmet man das während des Praktikums mit ein: Besucher, Praktikanten, Angestellte, Ehrenamtliche und Vereinsmitglieder kehren aus und ein und sprechen über ihre jeweiligen Interessen. Wenn man sich persönlich für Wirtschaft interessiert, wie ich, macht die normale Archivarbeit gleich doppelt Spaß.

Es gab während meiner gesamten Zeit immer einen anderen Praktikanten im BBWA, den man fragen oder mit dem man zusammenarbeiten konnte, und die Mitarbeiter waren stets freundlich. Bisher war ich in drei Archiven im Praktikum, und hier habe ich vermutlich das meiste gelernt.

Text: Malte Müller

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