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Christopher Kobrak (1950-2017)

Chris Kobrak  verstarb unerwartet  Anfang dieses Jahres an seinem Wohnsitz in Paris – in seinen Weihnachtsgrüßen hatte er gerade noch seinen Besuch in Berlin für Ende Mai 2017 angekündigt. Wenn er Berlin besuchte, klopfte er häufig bei uns in Sachen Wirtschaftsarchiv an, um engagierten Anteil zu nehmen, wie sich das BBWA, seine Forschungen und Aktivitäten entwickeln. Nie reichte die Zeit, alle Fragen zu diskutieren, so dass wir oft noch am Abend bei gutem Essen und einem Glas Wein unsere Meinungen weiter austauschten. Manchmal haben wir auch einfach mit dem guten Wein und dem Essen angefangen.

Mit ihm ging einer der weltweit beachtenswertesten Vertreter der Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte, und wir verlieren einen der ersten Förderer des Berlin-Brandenburgischen Wirtschaftsarchivs. Er verhalf uns gemeinsam mit Peter Hayes und Volker Berghahn zu unseren ersten internationalen Kontakten. Seine deutschen, ja Berliner Wurzeln erleichterten ihm den Umgang mit historischen Quellen der deutschen Wirtschaftsgeschichtsschreibung  und insbesondere den Zugang für seine Studie zur  Geschichte des Schering-Konzerns im Dritten Reich. 2002 erschien sein Buch „National Cultures and International Competition. The Experience of Schering AG, 1851-1950“.  Wir begegneten einander dort, bei Schering, und sozusagen in den Fußnoten seiner Dissertation.

Gespräch mit Hubertus Erlen (Schering, r.) (Foto: BBWA)

Chris Kobrak im Gespräch mit Hubertus Erlen (Schering, r.) (Foto: BBWA)

2011 konnten wir ihn als Referenten nach Berlin locken, um als „Schering-Experte“ beim Industriekulturabend des BBWA seinen Vortrag über die Schering AG zu halten. In Hinblick auf das Wirtschaftsarchiv vertrat er die Grundüberzeugung, dass in der heutigen Wissensgesellschaft die kulturelle und wirtschaftliche Zukunft (nicht nur!) der Region Berlin-Brandenburg auch davon abhängt, ihr “wirtschaftliches Gedächtnis“ zu erhalten.  Auf unserer Website ist sein Testimonial zu lesen. Das Modell „Regionales Wirtschaftsarchiv“ interessierte ihn sehr, weil er es in die Ãœberlegungen zu seinen kanadischen Aktivitäten einbeziehen konnte.

Christopher Kobrak hielt zuletzt den Wilson/Currie-Lehrstuhl für Kanadische Unternehmens- und Finanzgeschichte an der Rotman School of Management der Universität Toronto (Kanada) und war zuvor Professor für Finanzen bei der ESCP Europe, Paris. Er war  einer der führenden Akademiker auf dem Gebiet der Corporate Reputation, der Geschichte internationaler Investitionen und Finanzdienstleistungen  und der Unternehmensgeschichte.

Seine Großzügigkeit war beispiellos: Wie oft hat er seine schöne Pariser Wohnung zur Verfügung gestellt, Restaurants empfohlen und oft auch vorgeführt. Stets hat er sich für sein Gegenüber interessiert, war bereit sich auf fremde Gedankengänge einzulassen, sie aufzunehmen, weiterzuspinnen. Eindrücklich ist mir sein Besuch in Weimar in Erinnerung, bei dem wir auf der Dachterrasse so lange und so engagiert über aktuelle Debatten der Wirtschaftsgeschichte gesprochen haben, dass die Nachbarn sich morgens für das nächtliche Bildungsprogramm bedankten. Das fand er vor allem witzig: „Sie hätten gern dazukommen können.“

Wir werden ihn sehr vermissen.

(Björn Berghausen)

Erinnerungen an Chrisopher Kobrak

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