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Von A wie Asbest bis Z wie Ziegel – Bestand der Eternit AG

Als das Berlin-Brandenburgische Wirtschaftsarchiv 2009 die Räumlichkeiten am Eichborndamm bezog und seinen Geschäftsbetrieb aufnahm, gelangten neben einigen anderen Beständen auch die Geschäftsunterlagen der Eternit AG, Berlin, in das Magazin. 2011 wurden diese Unterlagen von der angehenden Archivarin Sonja Schmidt bearbeitet und erschlossen.

Das Unternehmen wurde 1929 in Berlin als Deutsche Asbestzement AG (DAZAG) gegründet und dabei unter anderem von Ludwig Hatschek, dem Erfinder der Eternit-Platten, und der Schweizer Unternehmerfamilie Schmidheiny finanziell unterstützt. Die DAZAG selbst war eine Tochterfirma der Ost- und Mitteleuropäischen Zementwerke in Oppeln, die ihren Sitz ab 1945 in Goslar hatten.

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Der letzte Ziegel aus dem Berliner Werk der Eternit AG

Der Schwerpunkt der DAZAG-Produktion lag in der NS-Zeit und während des 2. Weltkriegs bei Rüstungsaufträgen. Teile der Betriebsanlagen wurden der Luftwaffe sowie ihrer „Gesellschaft für Luftfahrtbedarf“ und dem Flugzeugreparaturwerk in Rudow unterstellt. Die Produktion im Unternehmen ließ sich ohne den Einsatz von Fremd- bzw. Zwangsarbeitern nicht mehr umsetzen. In zivilen Bauten wurde die Verwendung von Asbest ab 1943 verboten.

Nachdem nach Kriegsende das Werk in Rudow zunächst demontiert und anschließend mit einem Wiederaufbaukredit und mit Darlehen ausländischer Anteilseigner wieder aufgebaut worden war, erfolgte 1952 die Umbenennung zur Eternit AG. Der Bauboom, der vom Wiederaufbau hervorgerufen wurde, sorgte für eine große Nachfrage nach Eternit-Produkten. Insbesondere die hohe Wertschätzung der Materialien durch Architekten wie Ernst Neufert, Egon Eiermann und Werner Düttmann verstärkte diese Nachfrage nochmal.

Das Eternit-Haus am Ernst-Reuter-Platz in der Weihnachtszeit

Das Eternit-Haus am Ernst-Reuter-Platz in der Weihnachtszeit (Foto: BBWA)

1957 errichtete die Firma anlässlich der Internationalen Bauausstellung das Eternit-Haus im Hansaviertel, das die Einsatzmöglichkeiten der Produkte veranschaulichte. Erst 1980 wurde dem ungebremsten Aufschwung durch die beginnende Diskussion über die Gesundheitsgefährdung durch Asbestfasern ein jähes Ende bereitet. Daraufhin errichtete die AG ein Forschungslabor für Ersatzstoffe, diversifizierte ihre Produktpalette und die Geschäftsfelder und vereinbarte mit der Bundesregierung die Ersetzung von Asbest in zwei Schritten bis 1990.

Die Firma verlegte 2003 ihren Sitz nach Heidelberg und betreibt in Berlin die Bereiche „Fassade und Ausbau“, „Marketing- und Öffentlichkeitsarbeit“ sowie den Export.
Der Bestand der Eternit AG im Berlin-Brandenburgischen Wirtschaftsarchiv umfasst ca. 9,5 laufende Meter in 211 Akteneinheiten aus dem Zeitraum 1929 bis 2005. Darüber hinaus befinden sich in der Sammlung Geschäftsberichte 42 Jahresberichte von 1952 bis 2000.

Im Auftrag der DIBAG Industriebau AG, die das ehemalige Fabrikgelände am Teltowkanal übernommen hat, erschien 2014 das Buch „Ein Fabrikgelände am Teltowkanal“ von Lothar Uebel, für das die im BBWA vorhandenen Unterlagen genutzt und ausgewertet wurden.

Der Bestand im BBWA: Link

Geschrieben von Raphael Hartisch

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